Seit 2003 war ich im Fachbereich Gestaltung und mediale Kommunikation an der FH Vorarlberg in diversen Rollen eingebunden: zunächst einige Jahre als Studiengangsleiter, habe dann Forschungsprojekte koordiniert, schliesslich immer mehr Lehraufträge angenommen und zahlreiche Abschlussarbeiten betreut.
Nun ist für mich der Zeitpunkt gekommen, Lehrverpflichtungen wieder abzugeben und anderen die Gelegenheit zu geben, Wissen und Methoden rund um Online Kommunikation, Mediengestaltung, Wirtschafts- und Medienethik zu vermitteln. Mit Februar 2022 beende ich meine Karriere als Hochschullehrer und Forscher an der FH Vorarlberg auf eigenen Wunsch. Einige persönliche Gründe dafür sind:
Ich liebe Herausforderungen, doch das Unterrichten ist für mich keine solche mehr. Auch wenn die Umstellung auf online oder hybrides Unterrichten halbwegs gut gelungen war, ist es nach 19 Jahren zur Routine geworden, obwohl ich kaum Folien verwende und mir fast jedes Jahr neue didaktische Herangehensweisen überlege. Im Sommersemester 2021 habe ich etwa in der Lehrveransaltung "Projektmanagement von Designprozessen" neben den Grundlagen auch in drei Gruppen einen Scrum Prozess mit Wekan Boards begleitet und en passant Grundlagen des Cloud Computing vermittelt, indem die Studierenden Dienste nachbauten: Instagram (als ShareAquare mit Pixelfed), Whatsapp (chat.intermedia.studio mit RocketChat) und ein Umfragewerkzeug (Catalyse mit Limesurvey). Und im Gemeinschaftsgarten, den Studierende als Permakulturübung in der Lehrveranstaltung Humanökologie bewirtschaften, blühte jedes Frühjahr Schnittlauch, gab es im Sommer Salat und Tomaten zu ernten und im Herbst leuchteten die Sonnenblumen (obwohl ich gar keinen besonders grünen Daumen habe).
Die Verpflichtung zur Nutzung von MS Teams beim Online Unterricht veranlasste mich, mit Unterstützung des Datenschutzvereins noyb Fragen an die Datenschutzbeauftragte der FH Vorarlberg zu stellen. Es wurden zwar Sicherheitsaspekte nachgeschärft, doch diese haben mein Dilemma nicht gelöst. Auch wenn Microsoft versichert, dass die Daten in Europa liegen und mit einem Customer Key geschützt werden, können die Datenschutzniveaus in der EU und den USA nicht gleich sein, weil US Behörden immer Zugriff gewährt werden muss. Das hat auch der EuGH Generalanwalt klargestellt und fordert die irische Datenschutzbehörde auf, endlich tätig zu werden. Bis diese Klarheit geschafft ist, versuche ich, US basierte Cloud Dienste weitest gehend zu vermeiden. Mein Wissen zu Alternativen dazu biete ich anderen Organisationen und Unternehmen gerne an, denen Datenschutz nicht nur wichtig ist, sondern die diesen auch konsequent umsetzen (müssen). Dass die Synchronisation des FH Kalenders mit anderen standardisierten Kalenderdiensten nie zufriedenstellend funktioniert hat spornt mich an, mit dem BMDW dazu 2022 eine Erweiterung des beliebten TERMINO Services zu planen und zu bauen.
Konkrete Projekte und Services setze ich am liebsten mit der fairkom Gesellschaft um, dort habe ich in meiner Rolle als Vorstandsmitglied viel Verantwortung zu tragen. Muss dort Kontakt halten zu wichtigen Kunden, zu 17 aktiven Mitgliedern und sechs Mitarbeiter:innen. Ich bringe mich aktiv ein in diverse Open Source Communities, auch das braucht Zeit. Wenn etwa Matrix 2021 als der universelle künftige Messenger gehyped wird, gilt es auch mit Kunden deren Schwachstellen insbeondere in Bezug auf den Datenschutz zu analysieren. Ebenso benötigen die Betreuung der technischen Infrastruktur bei fairkom (wir haben etwa 20 Server im Betrieb und einen eigenen kubernetes Cluster mit CEPH Storage) und die Weiterentwicklung des Service Portfolios benötigen viel Aufmerksamkeit. Online Dienste müssen einfach funktionieren, das fordern hunderttausende monatliche Nutzer:innen der fairapps ein. Digitale Services für zahlende Kunden zu bauen und zu betreiben ist für mich derzeit spannender als Übungsprojekte für Studierende zu konzipieren. Das aktuelle Wissen dazu teile ich gerne und biete auch weiterhin Themen und Betreuungen für Abschlussarbeiten an etwa zum digitalen Arbeiten im Netz oder den Commons.
In meinem Buch Ethify Yourself gibt es ein Kapitel zur Balance im Leben. Diese möchte ich wieder versuchen zu erreichen. Wünsche mir schon seit längerem etwas mehr Zeit für die Familie und zum Wandern, und möchte gerne öfter den Einladungen, zum Beispiel als Segelmatrose am Bodensee zu dienen oder eine Schitour zu machen, folgen oder Freunde besuchen können anstatt fast jedes Wochenende etwa mit Korrekturen von Bachelor- und Masterarbeiten beschäftigt zu sein (im Sommersemester 2021 waren es 20!).
Vielleicht entfremdete mich auch der Plagiatsfall Aschbacher. An der FH Vorarlberg verlangen wir selbst bei Bachelorarbeiten ein sehr hohes Niveau (siehe etwa die Abschlussarbeit Der Baukreis). Und dann darf eine ehemalige Ministerin mit einer weitestgehend sinnentleerten Master- und Doktorarbeit alle ihre akademischen Titel behalten - es hätte keine Betrugsabsicht stattgefunden. Sorry, aber eine solche Entscheidung der FH Wiener Neustadt schadet nicht nur dem FH Sektor, sondern der Glaubhaftigkeit akademischer Arbeit in der Bevölkerung. Gerade diese wird in Pandemiezeiten auf eine harte Probe gestellt.
Man muss vielleicht auch aufhören, wenn es am schönsten ist. Dazu zählen vielleicht das Feedback der Studierenden oder dass die Ars Electronica im Herbst 2021 auch als Festival Garden zum Campus Vorarlberg gekommen ist. Die schönsten Lehrveranstaltungsserien waren wohl Ökonomie und Design (mit Inhaltsverzeichnis auf der Wikiversity) oder jene der Intensivprojekte im März. Mit meinem geschätzten Kollegen und Querdenker Hubert Matt zog ich einen Radius und InterMedia Studierende im fünften Semester mussten in vier Medien über einen Punkt, eine Region oder eine Linie berichten: Hohenems 2010, Müllhaufen 2009, Vorarlberg entdecken 2013, Auf den Spuren der Wälderbahn 2014. Die spannendsten Forschungsprojekte waren Probier amol, in dem wir zeigen konnten, dass mit Kommunikationsmassnahmen und entsprechender Begleitung ein klimafreundlicher Lebensstil vermittelbar ist und Nachahmer findet. Im Projekt Gemeindekommunikation im 21. Jahrhundert entwarfen wir moderne Medien für die öffentliche Verwaltung und im noch laufenden TransMAP Projekt entwickeln wir ein Werkzeug für Online Komnsultationen. Danke an alle Kollegen und Kolleginnen für die intensiven Auseinandersetzungen zu Form, Medien und Relevanz, den Verwaltungsmitarbeiter:innen für den professionellen Service und den Studierenden für das Interesse und die kreativen Ideen und Ergebnisse. Das InterMedia Bachelor- und Masterstudium kann ich wärmstens empfehlen - denn dort ist es möglich das ganze Studium lang an einem eigenen Thema zu arbeiten und dieses von allen Seiten mit vielen Medien zu beleuchten. Meine Stelle am Fachbereich Gestaltung soll neu ausgeschrieben werden - Bewerbungen (auch initiativ) sind jederzeit auch für einzelne Lehrveranstaltungen gerne gesehen.
Wenn Schwerpunkte verlagert werden, entstehen auch meist neue Impulse. Meine werden wohl weiterhin im Bereich Open Source basierte Kommunikationslösungen und zugehörigen Innovationen angesiedelt sein. Gerne begleite ich Studierende weiterhin bei ihren Abschlussarbeiten und stehe als Coach zur Verfügung und kann vielleicht auch mal einen spannenden Praktikumsplatz anbieten. Freue mich über Besuch auch im neuen fairkom Büro in Dornbirn in der Bahnhofstrasse 15 und ich werde auch wieder öfter in Wien anzutreffen sein.